- Wucher
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Wu|cher 〈m. 3; unz.〉1. Erzielung eines im Verhältnis zur Leistung zu hohen Gewinns, indem die Notlage, Unerfahrenheit od. der Leichtsinn des anderen ausgenützt wird2. unangemessene, überhöhte Preisforderung● das ist ja \Wucher! 〈umg.〉 das ist ja ein unverschämt hoher Preis!; \Wucher treiben zu hohen Gewinn erzielen [<mhd. wuocher <ahd. wuohhar „Ertrag, Gewinn; Nachkommenschaft“, got. wokrs „Zins“; verwandt mit wachsen]* * *
Wu|cher, der; -s [mhd. wuocher, ahd. wuochar, auch = Frucht, Nachwuchs, (Zins)gewinn, verw. mit ↑ 1wachsen u. eigtl. = Vermehrung, Zunahme] (abwertend):Praktik, beim Verleihen von Geld, beim Verkauf von Waren o. Ä. einen unverhältnismäßig hohen Gewinn zu erzielen:W. treiben.* * *
Wucher,die Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen durch Fordern oder Annahme von Vermögensvorteilen, die in auffälligem Missverhältnis zur Leistung stehen. Man unterscheidet Kreditwucher, bei dem dem Wucherer ein übermäßiger Vermögensvorteil für ein Darlehen gewährt wird, und Sachwucher, die wucherische Ausbeutung bei anderen zweiseitigen Rechtsgeschäften (z. B. Mietwucher).Bürgerlich-rechtlichverstößt jedes Wuchergeschäft gegen die guten Sitten und ist nach § 138 Absatz 2 BGB nichtig (Sittenwidrigkeit); die Rechtsfolge der Nichtigkeit erfasst in der Regel nicht nur die schuldrechtliche Seite, sondern auch das damit zusammenhängende Erfüllungsgeschäft (d. h., dass z. B. nicht nur der Darlehensvertrag nichtig ist, sondern auch die Darlehenshingabe). Bei Ratenkreditverträgen bejaht die Rechtsprechung in der Regel das für den Wucher objektiv erforderliche auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dann, wenn der vertraglich vereinbarte Zins den marktüblichen Zins um mehr als das Doppelte übersteigt oder der absolute Zinsunterschied mindestens 12 % beträgt. Ein solcher Vertrag kann auch ohne Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des Wuchers (Ausbeutung einer Zwangslage usw.) nach der allgemeinen Vorschrift des § 138 Absatz 1 BGB nichtig sein.Der Wucher ist im österreichischen Zivilrecht in § 879 Absatz 2 Ziffer 4 ABGB sowie im Wuchergesetz 1949 geregelt: Ein Vertrag ist wucherisch und damit nichtig, wenn sich jemand unter Ausnutzung der Zwangslage oder Urteilsunfähigkeit des anderen eine Leistung versprechen lässt, die zum Wert der Gegenleistung in auffallendem Missverhältnis steht. Nach schweizerischem Recht ist der wucherische Vertrag einseitig unverbindlich; er kann vom Verletzten binnen Jahresfrist angefochten werden (Art. 21 OR).Neben der bürgerlich-rechtlichen Bedeutung ist der Wucher auch strafrechtlich von Belang. Nach § 291 (ursprünglich § 302 a) StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem Dritten für die Vermietung von Wohnräumen (Mietwucher), für die Gewährung eines Kredits (Kreditwucher), für eine sonstige Leistung (Leistungswucher) oder die Vermittlung einer der genannten Leistungen Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung oder deren Vermittlung stehen. Vom strafbaren Mietwucher ist die Mietpreisüberhöhung (seit Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 23. 7. 1993 das Übersteigen der üblichen Entgelte um mehr als 20 %) zu unterscheiden. Letztere wird als bloße Ordnungswidrigkeit verfolgt, wenn eine unangemessen hohe Wohnraummiete verlangt wird, ohne dass gleichzeitig auch eine Zwangslage, Unerfahrenheit usw. des Mieters vorliegt.In Österreich ist der Wucher als Geld- und Sachwucher nach §§ 154, 155 StGB strafbar. In der Schweiz wird der Wucher nach Art. 157 StGB bestraft.Mit Berufung auf Altes Testament und Neues Testament (Psalm 15,5; Lukas 6,34) galten nach kirchlichem Recht Zinsdarlehen im Mittelalter allgemein als Wucher. Stadt- und Landrechte setzten dies vielfach auch für das weltliche Recht fest (z. B. Nürnberger Stadtrechtsreformation 1479, Bayerische Landesordnung 1518). Zum Teil wurden Ausnahmen zugelassen, verbunden mit der Festlegung von Höchstzinssätzen (5-6 % Jahreszins). Erst im 19. Jahrhundert sind diese Höchstzinssätze aufgehoben worden (Deutschland: Gesetz vom 14. 11. 1867; Österreich: Gesetz vom 14. 6. 1868).* * *
Wu|cher, der; -s [mhd. wuocher, ahd. wuochar, auch = Frucht, Nachwuchs, (Zins)gewinn, verw. mit 1↑wachsen u. eigtl. = Vermehrung, Zunahme; seit mhd. Zeit abwertend im Sinne von »unverhältnismäßig hoher Gewinn von ausgeliehenem Geld« verwendet] (abwertend): Praktik, beim Verleihen von Geld, beim Verkauf von Waren o. Ä. einen unverhältnismäßig hohen Gewinn zu erzielen: 18 Prozent Zinsen, zweitausend Mark Kaltmiete, das ist ja W.!; W. treiben; dem W. Einhalt gebieten; Bauern, die ohne Land, einem System des -s ... ausgeliefert, ihr Dasein fristen (Wochenpost 23. 7. 76, 12).
Universal-Lexikon. 2012.